Geschichte - 120 Jahre NaturFreunde
Den arbeitenden Menschen den Zugang zur Natur zu erschließen, war das Ziel der Gründergeneration der NaturFreunde-Bewegung. 1895 schlossen sich die ersten NaturFreunde zusammen, um die Natur als Quelle der Erholung zu erkunden und sich anzueignen, gemeinsam zusammenzutreffen, sich fortzubilden und Aktivitäten zu organisieren.
Eine wichtige Komponente war das Recht des freien Zugangs zur Natur für alle (gegen die bürgerlich-privaten Interessen der Großgrundbesitzer und existierenden Wander-, Bergsteiger- und Sportvereine, die den Arbeiter/-innen die Mitgliedschaft verwehrten). Bis heute ist die NaturFreunde-Bewegung weltweit auf über 500.000 Mitglieder in 21 Ländern angewachsen.
Chronik der NaturFreunde
© Eco-Archiv
1895
Vom 22.-24. März inseriert der Wiener Sozialist, Freidenker und Lehrer
Georg Schmiedl in der "Arbeiterzeitung", um Gleichgesinnte zur Gründung
einer "touristischen Gruppe" zu finden. Drei schrieben sofort: Josef
Rohrauer, sein Vater Alois und Karl Renner. Am Ostersonntag wird der
erste Ausflug in den Wiener Wald veranstaltet.
Am 16. September schließlich gründen 185 Frauen und Männer in Wien (Gasthaus Zum goldenen Luchsen, Neulerchenfeld) den "Touristenverein 'Die Naturfreunde'". Der Jahresbeitrag beträgt einen Gulden, der rührige Sensenschmied Alois Rohrauer wird Obmann. Karl Renner entwirft das Symbol des neuen Vereins: Der Handschlag mit den drei Alpenrosen steht für die Solidarität der Arbeiterbewegung.
1897
Im Juli erscheint in einer Auflage von 400 Exemplaren die erste Ausgabe der Vereinszeitschrift "Der Naturfreund".
1900
Im Januar beschließt die Gründungsversammlung der Ortsgruppe Graz,
"Berg frei" zum Gruß der steierischen Naturfreunde zu machen. Die Idee
wird für den gesamten Verein übernommen. Der kämpferische Gruß ist
Ausdruck der Forderung nach dem Recht auf Freizeit in den Bergen nicht
nur für Adel und Bürgertum.
1905
Im August gründet sich als 42. Gruppe im Gesamtverein in München die
erste deutsche Ortsgruppe. Die Naturfreunde haben inzwischen fast 9.000
Mitglieder, darunter 15 Prozent Frauen.
1907
Auf dem Padasterjoch in den Stubaier Alpen in Tirol wird das erste Naturfreundehaus eingeweiht.
1911
Die Hamburger Naturfreunde errichteten am Rand der Lüneburger Heide das erste Naturfreundehaus in Deutschland.
1919
Zur Naturfreundebewegung gehören 46.000 Mitglieder. Drei Jahre später sind es bereits 159.000.
1933
Die Kritik am Kapital und an der herrschenden Klasse führt zum Verbot
des Touristenvereins "Die Naturfreunde" durch die Nazis. Damit verbunden
ist die Beschlagnahmung der in eigener Arbeit errichteten 428 Hütten
und Häuser, davon fast 300 auf deutschem Gebiet.
1945
Überall wird mit dem Wiederaufbau der Organisation begonnen. Die
enteigneten Häuser werden zurückgegeben. In Ostdeutschland erfolgt eine
Nutzung durch andere Träger.
1950
Der Gesamtverein wird in die Naturfreunde Internationale (NFI)
umgewandelt. Sie setzt sich aus selbstständigen Landesverbänden
zusammen.
1962
Die Naturfreunde beteiligen sich an den Ostermärschen der
Atomwaffengegner. Die NFI hat 270.000 Mitglieder in 17 Ländern auf allen
fünf Kontinenten. In Deutschland werden rund 100.000 Mitglieder in mehr
als 650 Ortsgruppen gezählt. Die Zahl der vereinseigenen Hütten,
Häuser, Bootshäuser und Stadtheime liegt bei fast 400.
1968
Die Naturfreunde verlangen die Einstellung der Bombenangriffe auf Nordvietnam und verurteilen die Besetzung der CSSR.
1971
Eine große NaturFreunde-Expedition bricht zu Erstbesteigungen in die peruanische Cordillera Blanca auf. Zudem sollten die lebensweltlichen Veränderungen bei den Camoa-Indianern nahe der Amazonasquellen überprüft werden.
1989
Seit 1989 erklärt die Naturfreunde Internationale (NFI) jeweils für
zwei Jahre eine grenzüberschreitende und ökologisch wertvolle
europäische Region zur Landschaft des Jahres. Das Projekt setzt an den
aktuellen Herausforderungen einer Region an und erarbeitet gemeinsam mit
der Bevölkerung und allen regionalen Interessengruppen Perspektiven
für eine Nachhaltige Entwicklung. Erste Landschaft des Jahres wird die
Region Bodensee.
Im Dezember beginnt die Neuorganisation der Naturfreunde in der DDR. Heute gibt es Landesverbände in allen neuen Bundesländern.
1993
Die Odermündung wird Landschaft der Jahre 1993/1994.
1998
Die NaturFreunde Deutschlands treffen mit dem Deutschen
Angelfischerverband (DAFV - damals noch Deutscher Anglerverband [DAV])
die Vereinbarung, alle zwei Jahre eine „Flusslandschaft“ in Deutschland
öffentlich zu würdigen. Ziel der Kampagne ist es, durch
Veranstaltungen, Aktionen und Informationsmaterial die Bevölkerung für
die natürlichen und kulturellen Schönheiten der einzigartigen
Flußlandschaft zu gewinnen und sie über die Bedrohung der Flüsse und
ihrer Ökosysteme aufzuklären. Erste Flusslandschaft des Jahres wird
2000/2001 die Gottleuba an der Elbe südöstlich von Dresden.
1999
Der Böhmerwald wird Landschaft der Jahre 1999/2000.
2000
Die Naturfreundejugend Deutschlands veranstaltet ihren ersten
Kindergipfel anlässlich der Weltausstellung Expo in Hannover.
Prominentester Gast ist Bundeskanzler Gerhard Schröder.
2001
Auf dem Bundeskongress in Duisburg beschließen die Naturfreunde ihre
Namensänderung. Wir heißen jetzt: NaturFreunde Deutschlands – Verband
für Umweltschutz, sanften Tourismus, Sport und Kultur. Wegen der
Bedeutung des Gedankens der Nachhaltigen Entwicklung für die künftige
Arbeit der Naturfreunde wird das „Manifest Nachhaltigkeit“
verabschiedet.
2002
Die Bundesgeschäftsstelle zieht von Stuttgart in die Hauptstadt Berlin
um und vollzieht damit einen lange vorliegenden
Bundeskonferenzbeschluss.
2003
Das Lebuser Land wird Landschaft der Jahre 2003/2004.
2005
Anlässlich der 100-Jahrfeier der deutschen NaturFreunde findet in
München, dem Geburtsort der ersten deutschen Ortsgruppe, eine zentrale
Festwoche statt. Aus dem ganzen Land kommen NaturFreunde und
Naturfreundejugend, um diesen Geburtstag zu feiern und über die Zukunft
ihres Verbandes zu beraten.
2007
100 Jahre Naturfreundehäuser - im August wird auf dem Padasterjoch in
den österreichischen Alpen das Jubiläum im ersten Naturfreundehaus der
Welt gefeiert!
2009
Der zentrale Mitgliedsausweis der NaturFreunde Deutschlands wird
eingeführt. Jedes Mitglied bekommt seinen Ausweis künfitig einmal im
Jahr direkt zugeschickt.
2011
Die NaturFreunde Deutschlands sind Anmelder der zentralen
Anti-Atom-Demo am 26. März in Berlin. 120.000 Menschen protestieren nach
der Atomkatastrophe von Fukushima für eine Abschaltung aller
Atomkraftwerke in Deutschland. Kurz darauf verkündet Kanzlerin Merkel
den deutschen Atomausstieg.
Im Sommer 2011 zieht die Bundesgeschäftsstelle der Naturfreundejugend Deutschlands von Remagen nach Berlin.
2013
Die Region Oberrhein wird Landschaft der Jahre 2013/2014.
2014
Das Umweltbundesamt würdigt die ehrenamtliche Arbeit der NaturFreunde
im Umwelt- und Naturschutz: Die NaturFreunde Deutschlands werden als
„Umwelt- und Naturschutzvereinigung“ im Sinne von § 3
Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz anerkannt. Damit erhält der Bundesverband
Gelegenheiten zur Stellungnahme und zur Einsicht in einschlägige
Sachverständigengutachten und zudem ein sogenanntes Mitwirkungs- und
Klagerecht gegen umweltrechtliche Zulassungsentscheidungen.
2015
Die NaturFreunde Deutschlands sind Anmelder und Organisator der
zentralen Demonstration gegen die Freihandelsabkommen TTIP und CETA am
10. Oktober in Berlin. Insgesamt gehen etwa 250.000 Menschen auf die
Straße. Die Demonstration ist die größte in Deutschland seit den
Protesten gegen den Irak-Krieg zwölf Jahre zuvor.